Polarlichter richtig fotografieren
Sie sind ein faszinierende Naturschauspiel: Polarlichter entstehen durch die Interaktion von geladenen Sonnenteilchen und in der Erdatmosphäre vorhandenen Sauerstoff- und Stickstoffmolekülen. Treffen diese aufeinander, entsteht das mystisch anmutende Lichtspiel. Grünliche Nebelschwaden mit lila Schweifen überdecken das Schwarz der Nacht. Die seltener glühenden Stickstoffpartikel nehmen einen orangen bis rötlichen Ton an. Einzigartige Farbverläufe im Nachthimmel bleiben in jedem Fall garantiert. Ohne jede Frage ist ein solches Ereignis ein Leckerbissen und attraktives Motiv für jeden Fotografen. Wirklich rar sind diese Naturschauspiele keineswegs, doch nicht immer stimmen die Bedingungen für eine gelungene Aufnahme. Deshalb braucht der Fotograf geeignete Ausrüstung und muss die Aufnahme im Voraus gründlich planen.
Wann und wo treten Polarlichter auf?
Polarlichter entstehen durch Sonnenwinde, die auf Atmosphäre und Magnetfeld eines Planeten wie der Erde auftreffen. Glücklicherweise stehen heute umfassende Mittel zur Analyse der Sonnenaktivität bereit. Je mehr dunkle Flecken an der Oberfläche der Sonne zu erkennen sind, desto stärkere Auswirkungen produzieren die freigesetzten Teilchen. Intensive Beobachtungen haben einen ungefähr elf Jahre andauernden Zyklus ausgemacht. Nach Ablauf dieser Frist erhöht die Sonne die Intensität ihrer energiereichen Auswürfe ins Weltall. Dies führt wiederum zum Anstieg der Häufigkeit von Polarlichtern. Tendenziell sind sie in nördlichen Breitengraten am besten zu beobachten – Island, Finnland, Kanada oder Norwegen gelten als verheißungsvolle Kandidaten. Aber auch in mittlerem Europa lassen sich bei besonders kraftvollen Sonneneruptionen Polarlichter einfangen. So kommen also nicht nur nördliche Regionen in den Genuss dieses Phänomens, sondern ebenso Deutschland, Skandinavien oder England dürfen sich an dem Naturschauspiel zumindest gelegentlich erfreuen – vorzugsweise in der dunklen Winterzeit und ohne Vollmond.
Die Reise der Sonnenpartikel bis zur Erde dauert ungefähr zwei bis drei Tage – es lässt sich dank dieser Verzögerung also effektiv im Voraus planen. Allerdings muss das Wetter mitspielen: Klare Nächte und möglichst keine Störquellen etwa durch Lichtemissionen großer Städte bleiben Voraussetzung für eine gute Sicht. Webseiten zur Weltraumwettervorhersage dienen als nützliche Quelle zur Bestimmung der Polarlichtwahrscheinlichkeit (KP-Index) in bestimmten Gebieten. Besonders praktisch für unterwegs sind Apps für Smartphones, die sich dieser Daten bedienen.
Welche Anforderungen an das Fotoequipment bestehen?
Polarlichter fotografiert man am besten mit Langzeitbelichtungen. Denn auf Bildern sind Polarlichter deutlich intensiver dargestellt, als das menschliche Auge diese tatsächlich wahrnimmt. Langzeitbelichtungen machen wiederum unweigerlich den Einsatz eines Stativs erforderlich. In nördlicheren Regionen herrschen häufig ruppigere Umweltbedingungen. Hochwertige Stative mit geringer Schwingungsneigung sowie Spikes oder Schneepads zur Stabilisierung auf winterlichem Boden sind daher empfehlenswert. Für Einzelaufnahmen genügt zwar eine zeitverzögerte Auslösung, komfortabler und vor allem für Zeitrafferimpressionen sind Fernauslöser zur Vermeidung von unnötigen Erschütterungen der Ausrüstung.
Bei klirrender Kälte kann eine professionelle Objektivheizung (Taukappenheizung) die volle Funktionalität der Kamera aufrechterhalten. In gemäßigter Umgebung genügen hingegen einfache Wärmepads. Vorsicht ist generell angebracht: Bereits ein kurzer Atemhauch kann die Frontlinse anlaufen lassen. Kälteresistente, wetterfeste Ausführungen für Body und Objektiv gewähren unter diesen Umständen bei langfristigem Gebrauch Vorteile. Niedrige Temperaturen setzen auch den Energiezellen zu und sorgen für eine vorzeitige Entladung. Ersatzakkus sollten daher gut isoliert vor dem Kälteeinfluss mitgeführt werden. Und natürlich darf man nicht vergessen, sich selbst ebenfalls gegen die Kälte zu schützen. Passende Kleidung und wärmende Getränke sollten deshalb ebenso zur Ausrüstung gehören.
Die Wahl der Kamera hängt stark von der Sensorgeneration und Low-Light-Fähigkeit ab. Tendenziell leisten APS-C und speziell Vollformatsensoren in diesem Einsatzbereich gegenüber kleineren Fabrikaten wie Micro Four Thirds bessere Arbeit. Sie ermöglichen kürzere Verschlusszeiten durch hohe ISO-Werte und rauschen sichtbar weniger. Allerdings können lichtstarke Objektive mit großen Offenblenden wie f/1.4 diesen Nachteil ausgleichen oder je nach System den Vorsprung sogar noch weiter ausbauen. In der Regel eigenen sich auch Gläser mit f/2.8 noch gut für die Fotografie des Sternhimmels oder von Polarlichtern. Darunter bleibt eine Umsetzung häufig nur noch mit qualitativ starken Einbußen möglich. Weitwinkelige Brennweiten ab etwa 35 mm (KB) fangen mehr von den leuchtenden Arealen ein, während die Anwendung von Normal- und Teleobjektiven nur in Sonderfällen sinnvoll erscheint.
Welche Kameraeinstellungen gilt es zu beachten?
Automatische Modi sind bei Langzeitaufnahmen in dunkler Umgebung häufig überfordert. Daher ist die Aktivierung des manuellen Modus das oberste Gebot. Allgemein müssen eventuell vorhandene Bildstabilisatoren bei Nutzung eines Stativs ruhen, um Unschärfen bei der Aufnahme zu vermeiden. Da es im Nachthimmel mangels Licht und Kontrast keine klaren Fixpunkte zum Fokussieren gibt, kommt der manuelle Fokus zum Zuge. Per Lupenvergrößerung dient ein heller Stern zur Ausrichtung. Alternativ kann die Skala des Objektivs mit dem Unendlichzeichen (∞) zur Ausrichtung herangezogen werden. Abhängig von der Eigendynamik des Polarlichtes kommen unterschiedliche Verschlusszeiten in Betracht. Statische Formen erlauben einen niedrigen, dreistelligen ISO-Wert. Allerdings sorgen Aufnahmezeiten von 30 bis 60 Sekunden für Schmiereffekte bei Sternen wegen der Erdrotation – nicht immer ist dieser Nebeneffekt willkommen. Ein akzeptabler Kompromiss liegt ungefähr bei 10 Sekunden – dies geht aber zwangsläufig mit einer ausreichenden Belichtung bei höheren ISO-Werten einher. Hochwertige Sensoren erlauben Werte bis zu ISO 6400 und halten dennoch das Rauschen auf einem nicht zu störenden Niveau. Mit nur fünf Sekunden werden auch schnelllebige Strukturen von Polarlichtern noch zuverlässig auf die Speicherkarte gebannt.
Zusammenfassung
Mit etwas Glück, der richtigen Ausrüstung und der richtigen Vorbereitung lassen sich auch als Einsteiger erstaunliche Ergebnisse erzielen. Ist man erst einmal vor Ort, sollte man das Schauspiel auf jeden Fall genießen. Hier noch einmal die wichtigsten Schritte für die Ausrüstung in Kurzform:
- Kamera auf Stativ ausrichten
- Manuellen Modus (M) aktivieren
- Offenblende des Objektivs wählen
- Verschlusszeit/ISO anpassen für Belichtung
- Fokus auf unendlich einstellen
- Stabilisator deaktivieren
- Selbstauslöser oder Fernauslöser aktivieren
- Auslösen, kontrollieren und Einstellungen variieren